Projektarbeiten 1992-1994

„Man unternehme das Leichte,
als wäre es schwer,
und das Schwere, als wäre es leicht:
Jenes, damit das Selbstvertrauen
uns nicht sorglos,
dieses, damit die Zaghaftigkeit
uns nicht mutlos mache.“

Gracian

1992

Antrag am 5. Dezember an den Rat der Stadt Dorsten, er möge mit Hod Hasharon die Städtepartnerschaft beschließen. Der Antrag wurde unterzeichnet von Hartmut Stutzenäcker für den Freundeskreis Dorsten-Hod Hasharon, von Sr. Johanna Eichmann OSU für das Gymnasium St. Ursula und von mir für den Trägerverein des jüdischen Museums. - Am 15. Dezember 1993 beschloss der Rat der Stadt Dorsten mit überwältigender Mehrheit die Eingehung der Städtepartnerschaft mit Hod Hasharon.

1993

Pressebericht zur Denkschrift

Ein Jahr nach Eröffnung des Museums verfasste ich eine Denkschrift, in der ich einen Erweiterungsbau forderte. Ich verschickte das Heft an Kommunal-, Kreis- und Landespolitiker, Architekten, Historiker und Kulturschaffende. Die Presse berichtete über die Reaktionen. Die Denkschrift stieß in der Öffentlichkeit auf unterschiedliches Echo. Mehrheitlich wurde sie grundsätzlich bejaht, aus Kostengründen aber vielfach abgelehnt. NRW-Ministerpräsident Johannes Rau schrieb:

„Die Pläne, die Sie nunmehr vorstellen, gehen weit über das bisher Geleistete hinaus ... Man mag über Einzelheiten diskutieren können, im Ganzen sind die vorgelegten Vorstellungen jedoch visionär .... Vielleicht lässt sich Ihr Ziel aber in Etappen erreichen. Ich möchte Sie ermuntern, in diese Richtung weiter zu denken.“

Der Dorstener Dr. Norbert Reichling freute sich über die Zuschrift, schrieb aber an mich persönlich, „dass Sie ungeachtet schlechter Zeiten nicht aufhören, unrealistische Träume zu entwickeln“. Heute ist Dr. Norbert Reichling als Nachfolger von Sr. Johanna OSU Leiter dieses „unrealistischen Traumes“, denn Jahre nach meinem Ausscheiden 1995, fand die Darlegung in der Denkschrift dann doch noch Gehör. 2003 konnte der Erweiterungsbau des Jüdischen Museums eingeweiht werden, wobei sich Architekten und Verein – vergleicht man meine damaligen Freihandzeichnungen mit dem fertigen Erweiterungsbau – sich durchaus haben inspirieren lassen. Leider wurde versäumt, bei dieser Gelegenheit eine Kunsthalle für Werke von Sr. Paula (Tisa von der Schulenburg) gleich mitzubauen.

1994

Rede zur Eröffnung der Wanderausstellung

Aus Anlass des 50. Jahrestages der Wiederkehr des Attentats auf Hitler am 20. Juli 1944 wollte das Museum an die Geschwister Schulenburg erinnern, an Tisa Gräfin von der Schulenburg, die als einzige Überlebende dieser Generation als Sr. Paula im Dorstener Ursulinenkloster lebte, und an ihren 1944 hingerichteten Bruder Fritz-Dietlof. Die Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege förderte das Vorhaben finanziell. Im Juli 1994 konnte ich als Ausstellungsleiter die Wanderausstellung im Beisein von Tisa von der Schulenburg im Museum eröffnen und das dazugehörige mit Thomas Ridder herausgegebene Buch „Der 20. Juli 1944. Die Schulenburgs. Eine Familie im tragischen Konflikt zwischen Gehorsam und Hochverrat“ (Ausstellungskatalog und Lesebuch) vorstellen.

1994

Im Vorfeld der Städtepartnerschaft mit der israelischen Stadt Hod Hasharon in der Nähe von Tel Aviv löste sich der bereits seit 1991 bestehende Freundeskreis Dorsten-Hod Hasharon vom Trägerverein des Jüdischen Museums Westfalen und machte sich als „Deutsch-Israelischer Freundeskreis Dorsten-Hod Hasharon e. V.“ selbstständig. Ich wurde als Vorsitzender gewählt. Unser Programm umfasste, Politiker und Öffentlichkeit für die Städtepartnerschaft zu überzeugen, Ausstellungen im Jüdischen Museum und anderswo zu organisieren, schließlich an der Feierstunde zur Eingehung der Städtepartnerschaft in Israel teilzunehmen, Reisen nach Israel zu organisieren und israelische Reisegruppen hier zu betreuen sowie Veranstaltungen zu organisieren.

Israel-Reise des Freundeskreises; D. Frenzel, W. Stegemann, G. Mai, P. Somberg-Romanski, Ulla Brüggemann, P. Mai, B. Stegemann-Czurda

Von 1992 ab organisierte und leitete ich jährlich Reisen nach Israel. Jede Reise hatte einen anderen Schwerpunkt. Zuletzt stand auch ein mehrtägiger Aufenthalt im Gaza-Streifen auf dem Programm. Vor Ort wurden die Reisen von Amos Löwenthal vorbereitet und unterstützt.

An der Festlichkeit anlässlich der Eingehung der Städtepartnerschaft im Oktober 1994 war der Freundeskreis durch einen Redebeitrag sowie durch eine anschließende Reise durch das Land beteiligt.

Titelseite: Farblithografien von Salvador Dali (Alija)

Erstmals lud der Freundeskreis 1992 zu einem „Israeltag“ in das neu eröffnete Jüdische Museum Westfalen“ ein. Ich initiierte für die ersten Israeltage 1993 eine große „Jerusalem-Fotoausstellung“ und 1994 eine Ausstellung mit Farblithografien von Salvador Dali „Alija“ (aus Privatbesitz) Diese jährliche Veranstaltungen wurden bis heute beibehalten. Nicht mehr beibehalten wurde der von mir gegründete „Schabbat-Schoppen“, ein zwangloses Treffen für Freunde Israels ohne Vereinsanbindung.

Der Freundeskreis beschloss 1993 eine Informationskampagne zur Befreiung des verschollenen Piloten aus Hod Hasharon, Ron Arad; ich besuchte dessen Familie in Israel und konnte dadurch viele Informationen und einen Appell an die Bundesregierung und andere Stellen weitergeben.

Niederlegen eines Kranzes in der Gedenkhalle von Yad Vashem in Jerusalem; Stadtdirektor Dr. Zahn, BM H. Ritter, W. Stegemann (für Freundeskreis), Moshe Meushar, Vertreter der Stadtverwaltung Hod Hasharon (v. l.)

Im gleichen Jahr setzte sich der Freundeskreis für die internationale Anerkennung des „Magen David Adom“ (Roter Davidstern) als gleichberechtigte Organisation neben dem Roten Kreuz und den Roten Halbmond ein (inzwischen anerkannt).

Im Mai 1993 organisiert der Freundeskreis in Zusammenarbeit mit der Botschaft des Staates Israel und der Israel-Stiftung des Kreises Recklinghausen in einem Dorstener und einem Recklinghäuser Kino die „Woche des israelischen Films“.

Die Gründungsgeschichte des Freundeskreises. Die Beziehungen zwischen Dorsten und Israel reichen bis in die 80er Jahre zurück. 1984 betreuten Christel Winkel und ich (Forschungsgruppe) eine Kibbuz-Gruppe aus Erz Israel, zwei Jahre später den Landrat von Aula, der nach einer Städtepartnerschaft nachsuchte.

Informationsstand des Freundeskreises Dorsten-Hod Hasharon auf dem Marktplatz von Dorsten

Im September 1989 besuchten Dr. Arie Fiedler aus Herzlia, der auch Tisa von der Schulenburg im Ursulinenkloster einen Besuch abstattete, und der frühere Chefredakteur der Israel-Nachrichten, Dov Königsbuch, um sich über den Stand der Errichtung eines jüdischen Museums zu erkundigen. Christel Winkel und ich zeigten ihnen die gesammelten Exponate.

Im Januar 1990 schrieb Dov Königsbuch aus Hod Hasharon, der die Schulpartnerschaft Hod Hasharons mit Marl betreute, an mich einen Brief mit der Anfrage, ob es in Dorsten eine Schule gäbe, die eine Partnerschaft mit einer Schule in Hod Hasharon eingehen möchte. Ich reichte das Schreiben an die beiden Gymnasien weiter. Die Schulleiterin des St. Ursula-Gymnasium nahm daraufhin mit Dov Königsbuch Kontakt auf. So entstand die Schulpartnerschaft der Ursulinen mit Hod Hasharon.

Bei einem Besuch in Hod Hasharon, der wegen des anstehenden ersten Golfkriegs 1990 leide ohne Schüler stattfand, wurde zwischen meinen Gastgeber und mir vereinbart, neben der Schulpartnerschaft eine Partnerschaft von Bürgern anzustreben. So entstand der Freundeskreis Dorsten-Hod Hasharon, eigentlich eine Initiative des inzwischen verstorbenen Dov Königsbuch.

Schließlich mündeten diese Bestrebungen in die Gründung des Freundeskreises 1991 unter Einbeziehung der Schulpartnerschaft unter dem Dach des Trägervereins für das jüdische Museum, aus dem sich 1994 der Freundeskreis als selbstständiger Verein löste. Umfangreiche Informationen darüber sind in der 56-seitigen Broschüre des Freundeskreises, die 1994 erschienen ist, nachzulesen.

1994

Tagung „Dorstener Herbstgespräche“: Zusammen mit der Theodor-Heuss-Akademie und der Israel-Stiftung des Kreises Recklinghausen lud der Freundeskreis unter Teilnahme vieler Bürger und der politischen Prominenz die mehrtägige Tagung „Dorstener Herbstgespräche“ mit dem Titel „Deutschland im Umbruch. Selbstverständnis – Verunsicherung. – Fremdheit“. Tagungsleiter war Prof. Dr. Springer, ich Organisationsleiter. Bundespräsident a. D. von Weizsäcker schickte eine Grußbotschaft, der Regierungspräsident sprach Grußworte. Ohne Mithilfe der vielen Freunde und Bekannten des Freundeskreises wäre diese Veranstaltung nicht gelungen, was auch für alle anderen Projekte rund um das Jüdische Museum galt, die ich initiierte, mitinitiierte oder organisierte.

Diskussionsteilnehmer und Organisatoren der Herbstgespräche; Dr. Kartal, W. Stegemann, Gerd Ruge, Prof. Dr. Springer, Liselotte Funke, Ignatz Bubis (v. l.)

Zum Thema sprachen Prof. Dan Diner (Tel Aviv), Prof. Bernd Schäfer (Münster), Prof. Antonia Grunenberg (Bremen); an der Podiumsdiskussion beteiligten sich Ignatz Bubis (Frankfurt), Ministerin a. D. Liselotte Funke, Dr. Kartal (Gelsenkirchen), Gerd Ruge (München). Im Rahmenprogramm gab das Titti Winterstein-Quartett ein Konzert, das Trias-Theater führte „Heute Abend: Lola Blau“ auf und im Jüdischen Museum zeigte der Freundeskreis Bilder und Lithografin von Marc Chagall. Es erschien ein Tagungsbericht in Buchform. – Nach meinem Ausscheiden wurden keine Herbstgespräche mehr angeboten.